BLOG

Statement zur BVT-Affäre

28. März 2018
„Not only must justice be done; it must also be seen to be done.“ Es muss nicht nur gerecht zugehen; man muss auch sehen, dass es gerecht zugeht.

Das sagt der EGMR, der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte, in ständiger Rechtsprechung. Warum ist es so wichtig, dass die Menschen den Eindruck bekommen, es gehe in einem Staat gerecht zu, die Gerichte sprechen tatsächlich Recht und jeder hat die Chance, zu seinem Recht zu kommen? Weil auf dieser Einschätzung das Vertrauen in den Rechtsstaat beruht. Nur wer darauf vertraut, dass wir in einem Rechtsstaat leben, wird darauf verzichten, sein Recht selbst in die Hand zu nehmen.

Ein friedliches Miteinander gibt es daher nur, wenn den staatlichen Institutionen vertraut wird, wenn nicht Misstrauen und Argwohn die Einstellung zum Staat und seinen Institutionen prägen. Und Misstrauen und Argwohn hat die Aktion gegen das BVT hervorgerufen.

Vor einigen Tagen wurde eine seit Jahren an einer österreichischen Hochschule lehrende Ausländerin von einer deutschen Kollegin angerufen und gefragt, ob sie sich denn noch sicher fühle. Denn offenbar müsse man insbesondere als Ausländerin damit rechnen, in Österreich möglicherweise zu Unrecht beschuldigt und verfolgt zu werden. Die deutsche Kollegin fragte, ob denn Österreich kein Bundesverfassungsgericht habe. Das ist nicht als Frage zu verstehen, ob Österreich eine derartige Institution hat – Österreich hat sie, mit dem Verfassungsgerichtshof –, die Frage ist vielmehr dahin zu verstehen, ob denn Österreich noch ein Rechtsstaat ist.

Und die Zweifel daran haben Sie mit dieser undurchsichtigen und offenbar überzogenen Aktion begründet. Mit der Arroganz der Macht haben Sie es in Kauf genommen, dass das Vertrauen in den Rechtsstaat zerstört wird. Der Rechtsstaat ist das Fundament der Demokratie; ohne Rechtsstaat gibt es auch keine Demokratie.

Der Fall BVT beweist auch, wie wichtig und notwendig eine Staatsanwaltschaft ist, die nicht einem Regierungsmitglied untersteht. Es mutet seltsam an, wenn der Justizminister als Weisungsspitze der Staatsanwaltschaft das Vorgehen seines Regierungskollegen, des Innenministers, verteidigen muss. Österreich braucht daher, so wie andere westliche Demokratien, an der Spitze der Staatsanwaltschaft einen Generalstaatsanwalt, der vom Parlament bestellt wird. Nur damit ist die Unabhängigkeit der Gerichtsbarkeit gesichert; die Staatsanwälte sind ja nunmehr Organe der Gerichtsbarkeit.

Nur durch eine wirklich unabhängige Staatsanwaltschaft werden die Menschen auch den Eindruck gewinnen, dass es gerecht zugeht. Nur darauf kommt es für das Vertrauen der Menschen an und nicht darauf, ob, wie das Innenminister und Justizminister versuchen, mit kunstvollen Begründungen dargetan werden kann, dass sich die Aktion ohnehin im Rahmen der Gesetze bewegt hat. Denn, wie der EGMR immer wieder ausspricht: Not only must justice be done, it must also be seen to be done.