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Die neue Mindestsicherung

30. April 2019

Letzte Woche wurde die Reform der Mindestsicherung von der Regierung beschlossen. Das nehme ich zum Anlass, um über das – seit jeher bestehende – Spannungsverhältnis zwischen Fürsorge für die Armen und Abneigung gegen Arbeitsscheue nachzudenken. In der Antike wurden die Armen ausgegrenzt und als Menschen zweiter Klasse behandelt. Auch als Reaktion darauf ist das Christentum als Religion für die Armen entstanden. Den Armen gehört das Himmelreich. Jedoch heißt es auch: Wer nicht arbeiten will, der soll auch nicht essen. Diese Einstellung wurde im 19. Jahrhundert durch Arbeitshäuser umgesetzt. Das ging sogar so weit, dass teilweise völlig sinnlose Arbeiten verrichtet werden mussten.

Zwar wird heute niemand mehr Arbeitshäuser für Arme fordern, aber ein gewisses Misstrauen ist immer da. Möglicherweise macht sich hier jemand auf Kosten der Fleißigen und Tüchtigen einen guten Tag. Steht in der Früh nicht auf und nützt das Sozialsystem aus. Man kann nun nicht sagen, dass das völlig aus der Luft gegriffen wäre. Es ist auch keine gute Entwicklung, wenn die Mindestsicherung als Erwerbseinkommen gesehen wird. Dazu kommt, dass es bisher keine einheitliche Regelung für ganz Österreich gab.

Man kann der Regierung daher nicht vorwerfen, dass sie sich des Themas annimmt. Wohl aber, wie sie das macht. Dieses Gesetz hat nämlich eine ganz klare „Anti-Ausländer-Schlagseite“. Sie ist damit Teil der großen Erzählung, mit der die Regierung seit ihrem Amtsantritt die Anti-Ausländerstimmung befeuert und damit Zustimmung gewinnt. Ob sie damit gegen europäisches Recht verstößt, wie mit der Kürzung der Sozialhilfe für Menschen ohne ausreichende Deutschkenntnisse, ist ihr offenbar egal.

Ebenso egal ist ihr offenbar, ob sie die Bedingungen für Kinder aus sozial schwachen Familien verschlechtert. Das ist nicht nur unsozial, es ist auch extrem unklug. Denn auch diese Kinder sind unsere Zukunft, und es sollte alles getan werden, dass sie ihre Fähigkeiten entwickeln, um ein selbstbestimmtes Leben führen und ihren Beitrag in unserer Gesellschaft leisten zu können.

Aber es sind nicht nur die konkreten Maßnahmen, die abzulehnen sind. Die Regierung nimmt damit in Kauf, dass Abgrenzung und Ausgrenzung zunehmen und die Gesellschaft immer weiter gespalten wird. Den Preis dafür zahlen – wie immer – wir alle.