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Großbritannien und die EU in der Entscheidungskrise

5. April 2019

Die Entscheidung, wie bzw. ob Großbritannien nun aus der EU austritt, ist mehr als zweieinhalb Jahre nach dem Referendum immer noch offen. Und das trotz der Ankündigung der britischen Premierministerin, zum Rücktritt bereit zu sein, sollte ihrem Brexit-Vertrag zugestimmt werden.

Die nun schon Jahre andauernde Entscheidungskrise lähmt den normalen politischen Alltag Großbritanniens. Woran liegt das? Aufgabe einer Regierung ist es immerhin, Gegenwart und Zukunft eines Landes zu gestalten. Das gelingt nicht ohne Plan, wohin und wie sich das Land entwickeln soll. Aber auch die Umsetzung des Plans gehört dazu. Und das geht regelmäßig nicht ohne Kompromisse.

Einen Kompromiss zwischen den unterschiedlichen Interessen zu finden, ist bisher offenbar weder der britischen Regierung noch dem Parlament gelungen. Das ist sicher keine leichte Aufgabe. Aber es führt kein Weg daran vorbei, sich um eine Lösung zu bemühen, die zumindest die Chance bietet, dass die Spaltung der Bevölkerung in Anhänger und Gegner des Brexits überwunden wird.

Welche Lehren können aus dem britischen Debakel gezogen werden? Eine wichtige Lehre ist, dass das Volk nur gefragt werden darf, wenn es zuvor auch objektiv informiert wurde. In der Schweiz gibt es bei jeder Volksabstimmung ein Abstimmungsbüchlein, in dem die Argumente pro und contra angeführt sind.

Vor dem Referendum über den Brexit wurde den Menschen das Blaue vom Himmel herunter versprochen, so etwa dass nach dem Brexit wöchentlich 350 Millionen Pfund in das englische Gesundheitssystem fließen würden. Geld, das Großbritannien derzeit nach Brüssel überweise.

Dass die Menschen auf die Lügen hereingefallen sind, zeigt, dass sie sich benachteiligt fühlten und das Vertrauen in die Politik verloren hatten. Was kann die Politik tun, um Vertrauen zu gewinnen? Wie kann sie die Menschen in die Entscheidungsprozesse einbinden? Irland hat mit dem Bürgerrat gezeigt, dass es gelingen kann, selbst bei höchst strittigen Themen akzeptable Lösungen zu finden. Der Bürgerrat spiegelt in seiner Zusammensetzung die Bevölkerung wider; er wird von Experten beraten und erarbeitet Empfehlungen für das Parlament.

Ein Modell, dass auch für Österreich und selbst für die EU ein Vorbild sein kann. Denn wenn die Menschen sich gehört fühlen und auch tatsächlich gehört werden, steigt die Chance, dass Entscheidungen ausgewogen sind und auch akzeptiert werden.